Matières

Vorstandssitzung vom 19. April: Die Verfassung, der Denkmalschutz und der PNOS im Mittelpunkt der Diskussionen

Die Hauptthemen der Sitzung des SYVICOL-Vorstands vom Montag, dem 19. April, waren der Änderungsvorschlag mehrerer Kapitel der Verfassung, die zusätzliche Stellungnahme zum Gesetzentwurf Nr. 7473 über das Kulturerbe sowie die Stellungnahme zum Entwurf des nationalen Plans für die Organisation der Rettungsdienste (PNOS). Die Vorstandsmitglieder würdigten auch den am vergangenen Samstag verstorbenen Paul Helminger, der als Bürgermeister der Stadt Luxemburg zwischen 2007 und 2011 Vizepräsident des SYVICOL war.

Ganz oben auf der Tagesordnung stand ein Gutachten zu den geplanten Änderungen der Kapitel I, III, V, VII, IX, X, XI und XII der Verfassung (Nr. 7700). Das SYVICOL bedauert in dem Zusammenhang, dass es dazu nicht konsultiert wurde, obwohl die geplante Revision gerade jenen verfassungsrechtlichen Rahmen betrifft, der die Rolle, die Mittel sowie die Funktionsweise der Gemeinden regelt.

Einigen der geplanten Änderungen steht das SYVICOL kritisch gegenüber, insbesondere jener, die entscheidende Einschnitte bei der Rolle der Gemeinden im Bereich Schulwesen vorsieht sowie die Einschränkung der Steuerautonomie der Kommunen. Das SYVICOL spricht sich auch dagegen aus, dass der Regierungsrat in Zukunft die Gemeinderäte auflösen soll, ein Befugnis, das derzeit noch dem Großherzog obliegt.

Das SYVICOL begrüßt derweil die Tatsache, dass mit der vorgeschlagenen Verfassungsänderung das sogenannte „principe de connexité“ eingeführt wird, mit dem die Gemeinden Anspruch auf die finanziellen Mittel haben, die zum Erfüllen ihrer gesetzlich verankerten Missionen notwendig sind. In dem Kontext ist der Dachverband der Gemeinden allerdings der Ansicht, dass die Anwendung dieses Grundsatzes eine klare Abgrenzung zwischen den Zuständigkeiten des Staates und jenen der Gemeinden erfordert.

Gefordert wird zudem eine verfassungsrechtlich verbindliche Befragung der betroffenen Bürger bei Gemeindefusionen.

In Anlehnung an die österreichische Verfassung schlägt der Vorstand zudem vor, einen zusätzlichen Artikel in die Verfassung einzugliedern, der das SYVICOL als Vertreter der Interessen der 102 luxemburgischen Gemeinden anerkennt.

Anderes Thema: Zum Gesetzesentwurf Nr. 7473 über den Denkmalschutz, der seitens der zuständigen Abgeordnetenkommission mit neunzig Novellierungen stark überarbeitet wurde, hat das SYVICOL eine zusätzliche Stellungnahme verfasst. Dabei wird insbesondere auf zwei problematische Aspekte des Gesetzesentwurfs eingegangen: Einerseits die Bestimmungen über das archäologische Erbe und andererseits jene über die Klassifizierung von Immobilien einhergehend mit der Schaffung von sogenannten geschützten Bereichen („secteurs protégés“), die von nationalem Interesse sind.

In seiner Stellungnahme spricht sich das SYVICOL für eine pragmatischere Herangehensweise bei der präventiven Archäologie aus, die einerseits auf einer Neudefinition der archäologischen Potenzialität und andererseits auf einer Vereinfachung der Prozedur beim Beanntragen der ministeriellen Genehmigung beruht.

Ziel ist es, so ein besseres Gleichgewicht zwischen dem Schutz des Kulturerbes und der städtebaulichen Planung zu gewährleisten. Unsere Nachbarstaaten, als Unterzeichner der Konvention von Valletta, haben sich für eine gezieltere Anwendung des Konzepts der präventiven Archäologie entschieden. Bereits vorhandene wissenschaftliche Daten können es so ermöglichen, archäologisch sensible Gebiete genauer abzugrenzen, anstatt diese Aufgabe öffentlichen und privaten Bauherren und dem einzelnen Bürger zu übertragen. Die Neudefinition der archäologischen Beobachtungszone (ZOA) lässt derweil die Frage offen, in welchem Verhältnis sie zur Unterzone der ZOA steht, die die größte Fläche darstellt.

Die Klarstellung im Änderungsantrag 7 zum Artikel 7 des Gesetzentwurfs, demzufolge eine archäologische Diagnosemaßnahme von einer Gemeinde auf Grundstücken, die sich in ihrem Besitz befinden, beantragt werden kann, ohne dass ein konkret ausgearbeitetes Bauprojekt vorliegt, wird seitens des SYVICOL begrüßt. Der Gesetzestext sollte jedoch dahingehend ergänzt werden, dass im Falle eines negativen Ergebnisses dem Eigentümer eine Bescheinigung ausgestellt wird. Dieser sollte zudem einen Auszug aus der archäologischen Karte anfordern können, der Aufschluss über die archäologische Potenzialität seines Grundstücks gibt, um so eventuelle Verordnungen vorwegzunehmen und die Angemessenheit einer präventiven archäologischen Maßnahme prüfen zu können.

Artikel 11 des Gesetzentwurfs, der eine Vorab-Genehmigung seitens des Ministers im Falle von präventiven archäologischen Maßnahmen vorschreibt, zieht einen Verwaltungsaufwand nach sich, der angesichts der Garantien, die der Gesetzentwurf vorsieht, aus Sicht des SYVICOL nur schwer zu rechtfertigen ist. Wertvolle Zeit wird so vergeudet. Aus diesem Grund spricht sich das SYVICOL für eine Vereinfachung des Verfahrens aus, indem der Antrag auf ministerielle Genehmigung abgeschafft wird und die Bedingungen für die Durchführung von präventiven archäologischen Maßnahmen direkt in der ministeriellen Verordnung festgelegt werden. Was das architektonische Erbe betrifft, so hat sich sein Schutz durch die Gemeinden im Rahmen der Überarbeitung der allgemeinen Bebauungspläne erhöht, die den betroffenen Gebäuden besonderen Dienstbarkeiten auferlegt.

Die Ausweisung geschützter Bereiche, die von nationalem Interesse sind, sollte nach Ansicht des SYVICOL der Umgebung von Gebäuden mit einem bemerkenswerten und symbolträchtigen Charakter vorbehalten sein. Grundsätzlich sollten sich diese Bereiche nicht mit einem Bereich überschneiden, der bereits von der Gemeinde geschützt wurde. Ist dies dennoch der Fall muss die Kohärenz der Dienstbarkeiten sichergestellt werden, die durch die beiden Schutzbereiche auferlegt werden und die die Rechte der betroffenen Eigentümer direkt betreffen.

Aus all diesen Gründen fordert das SYVICOL bereits beim Vorentwurf der großherzoglichen Verordnung konsultiert zu werden. Der Dachverband der Gemeinden ist nämlich davon überzeugt, dass es für die staatlichen Behörden von Nutzen ist, vor der Einleitung des Verfahrens einer öffentlichen Anhörung („enquête publique“) die Standpunkte der Gemeinden in Betracht zu ziehen. Dies würde es ermöglichen, jene Anhaltspunkte zu erhalten, die die Ziele und die Angemessenheit einer Ausweisung und Klassifizierung eines geschützten Sektors, der von nationalem Interesse ist, besser bewerten zu können.

In dem Zusammenhang unterstreichen die Vorstandsmitglieder, dass für die Gemeinden der Schutz des Kulturerbes Priorität hat. Dies aber nicht um jeden Preis mit Hinweis auf die neuen Hürden, die der geplante Gesetzentwurf nun wohl mit sich bringen wird. Guy Wester, Vizepräsident des SYVICOL, ist jedenfalls der Ansicht, dass „das Ministerium sich hinter der Unterzeichnung der Valletta-Konvention versteckt, um so diese Verpflichtungen durchsetzen zu können“. Es müsse unbedingt ein pragmatischerer Ansatz gewählt werden. So wie dies im benachbarten Ausland der Fall ist.

Anschließend befassten sich die Vorstandsmitglieder mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes vom 16. Mai 2019 über die elektronische Inrechnungstellung im Rahmen von öffentlichen Aufträgen und Konzessionsverträgen. Grundsätzlich begrüßt das SYVICOL die Fortschritte, die die Regierung im Bereich der Digitalisierung, genauer gesagt im Bereich der elektronischen Inrechnungstellung plant angesichts der Vorteile, die dies für die Gemeinden haben wird. Ein Inkrafttreten des Gesetzesentwurfes zum 1. September 2021 hält das SYVICOL jedoch für kaum realisierbar.

Der Übergang hin zur Digitalisierung muss schrittweise erfolgen, um so allen Beteiligten die Möglichkeit zu geben, dieses neue Verfahren ordnungsgemäß einzuführen und auch, die für den Umgang damit, notwendige Schulung zu machen. Das SYVICOL, das in seiner Stellungnahme seitens des Syndicat Intercommunal de Gestion Informatique (SIGI) Unterstützung erhält, empfiehlt daher, das Gesetz erst zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft treten zu lassen.

Der Dachverband nutzt zudem die Gelegenheit, um eine seit langem bestehende Forderung zu erneuern: Die Einführung einer gesetzlichen Grundlage für die elektronische Signatur auf Gemeindeebene. Und dies im Rahmen des neuen Gemeindegesetzes. Denn ohne elektronische Signatur verpuffen die Vorteile der elektronischen Inrechnungstellung auf Gemeindeebene gänzlich.

Im Anschluss daran stand der Entwurf des nationalen Plans zur Organisation der Rettungsdienste (PNOS), zu dem die Gemeinden aufgefordert sind, ihre Stellungnahmen bis zum 1. Juni 2021 an die Innenministerin zu übermitteln, auf der Tagesordnung. Das SYVICOL zeigt sich erstaunt über die Tatsache, dass der besagte Plan vorsieht, dass das CGDIS langfristig über einen Mitarbeiterstab von annährend 2.000 professionellen Angestellten verfügen soll. Dies wird zu einem starken Anstieg der von den Gemeinden bereitzustellenden finanziellen Mittel führen. Allein im Planungszeitraum, also bis zum Jahr 2025, ist ein durchschnittlicher jährlicher Anstieg um 10% an finanziellen Zuwendungen vorgesehen.

Dieser Anstieg ist jedoch nicht linear, sondern trifft die Gemeinden vor allem im Zeitraum 2020 bis 2022, zu einem Zeitpunkt also, an dem sie einen allgemeinen Rückgang ihrer Einnahmen durch die Covid-19-Pandemie verkraften müssen. Und zudem bevor der im Gesetz vorgesehene Kappungsmechanismus greift, der ab 2023 dafür sorgen wird, dass die finanziellen Zuwendungen der Gemeinden nicht von einem Jahr zum anderen schneller steigen als ihre Einnahmen.

Ohne die Zielsetzungen des PNOS in Frage zu stellen, insbesondere was die anvisierte Verkürzung der Reaktionszeit der Rettungsdienste betrifft, stellt das SYVICOL fest, dass die oben genannten Prognosen auf einer Risikoanalyse beruhen, die größtenteils nur den Zeitraum eines Jahres in Betracht zieht, und dass die geplante Rekrutierung im Personalbereich weitgehend auf Schätzungen und nicht auf genauen Studien beruht. Vor allem auch die fehlenden Details und Erklärungen im Kapitel über die budgetären Folgen des PNOS tragen dazu bei, dass sich das SYVICOL gegen die geplanten Erhöhungen ausspricht.

Der Dachverband der 102 Gemeinden sieht den PNOS als Orientierungsdokument ohne normativen Wert, aus dem sich keine rechtlichen Verpflichtungen für die Gemeinden ableiten lassen.

Die Vorstandsmitglieder, insbesondere Michel Malherbe und Jean-Paul Schaaf, stehen dem PNOS denn auch sehr kritisch gegenüber. Die beiden Bürgermeister sind besorgt über die zunehmende Professionalisierung des CGDIS zulasten des Ehrenamts und über die geplante Budgeterhöhung. Und dies, obwohl die Gemeinden aufgrund der Pandemie weniger finanzielle Mittel zur Verfügung haben. „Hier sind die Rollen vertauscht. Es sollte die öffentliche Hand sein, die über die finanziellen Mittel, die dem CGDIS zur Verfügung gestellt werden, entscheidet, indem sie einen jährlichen Budgetrahmen festlegt. Und nicht das CGDIS, das über die Beiträge des Staates und der Gemeinden je nach Bedarf verfügt“, so jedenfalls Jean-Paul Schaaf unmissverständlich.

Im weiteren Verlauf der Sitzung wurde Louis Oberhag, Vizepräsident des SYVICOL, als Vertreter in den Verwaltungsrat des Fonds du Logement ernannt. Er ersetzt dort den zurückgetretenen Serge Hoffmann.

Stellvertretendes Mitglied der Organisation United Cities and Local Governments (UCLG) wird Simone Asselborn-Bintz, Bürgermeisterin von Sanem und Mitglied der Delegation des RGRE, der europäischen Sektion der UCLG.

Zum Schluss der Sitzung hieß der Vorstand noch die Kandidaturen von Monique Feltgen, Gemeinderätin von Steinsel, als Mitglied der Sozialkommission des SYVICOL, von François Warnier, Gemeinderat von Mertert, als Mitglied der technischen Kommission und der Sozialkommission des SYVICOL und von Georges Zeimet, Gemeinderat von Steinfort, als Mitglied der technischen Kommission und der Sozialkommission des SYVICOL gut.

Die nächste Vorstandssitzung findet am 31. Mai 2021 statt.

Links zu allen Gutachten der Sitzung vom 19. April:
 


Foto: © SYVICOL/Archiv

Publié le : 22.04.2021

Matières